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Motherboard

Unterstützt die Ice Bucket Challenge Tierquälerei?

Die virale Macht der Ice Bucket Challenge ist überwältigend. Doch die Benezifaktion hat auch unpopuläre Konsequenzen, da die Erforschung der Krankheit mit Tierversuchen einhergeht.

Die virale Macht der Ice Bucket Challenge ist überwältigend: Sie lässt den Grünen Cem Özdemir eine coole Kiffer-Botschaft unters Internetvolk bringen, spült längst verdrängte Prominente wie Verona Pooth via Striptease auf die Bild.de-Frontpage, lässt Bill Gates endlich wieder seinen Status als Super-Nerd zementieren und beschert uns potentiell unendliche Diskussionen darüber, ob die Nörgler oder die Eiswürfel-Selbstdarsteller nun die schlimmeren Menschen seien.

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Doch die Benefizaktion der ALSA-Stiftung könnte auch noch andere, eher unpopulärere Konsequenzen haben: Die Erforschung der degenerativen Nervenkrankheit ALS geht nämlich einher mit Tierversuchen, die für die meisten kaum mit viralem Feel-Good-Aktivismus kompatibel sein dürften:

Tierrechtler wie Dr. Neal Bernard kritisieren nun, dass ein Großteil der ALS-Forschung „zur Züchtung gentechnisch veränderter Tiere eingesetzt wird“. Der Gründer einer renommierten pro-veganen NGO für verantwortungsbewusste Medizin hält diese Tierversuche für absolut grausam: Die Labortiere sollen Symptome entwickeln, die Parallelen zum Verlauf der Nervenkrankheit beim Menschen aufweisen. Meistens sind es Mäuse, die die fortschreitende Schädigung ihrer Nervenzellen erleben dürfen, die bei Menschen in Muskelschwäche und schließlich Schluck- und Sprechstörungen mündet. Pamela Anderson lehnte die Ice Bucket Challenge vor einigen Tagen medienwirksam ab und nominierte stattdessen die ALSA-Stiftung dafür, Geld in eine tierversuchsfreie Forschung zu investieren. Auf Facebook schreibt sie: „Nachdem ich mich etwas intensiver mit der Ice Bucket Challenge beschäftigt habe, musste ich feststellen, dass unsere Anliegen nicht kompatibel sind.“

Es ging ihr dabei übrigens nicht um das Zeigen von Brüsten.

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Beitrag von Pamela Anderson.

Auch für die Neurologin Aysha Akhtar ist die Sache klar. Damit endlich eine wirksame Medizin für ALS entwickelt werden kann, müssen die Forschungsgelder sinnvoller eingesetzt werden: Da die Nervenkrankheit spezifische, nur den Menschen betreffende, Eigenschaften aufweist, könnte anhand der Beobachtung von genmanipulierten kaum ein effizientes Gegenmittel entwickelt werden. Akhtar beschreibt in der Huffington Post, wie sie selbst mit Patienten mitgelitten habe, nachdem sie die Krankheit diagnostiziert hatte und ihr unaufhaltsames Fortschreiten beobachten musste.

In den vergangenen Jahren ist zum Beispiel deutlich geworden, dass die Symptome, die das Mäusemodell mit SOD1 zeigte, schlicht keine Rückschlüsse auf die üblichste menschliche ALS-Form lieferten. Bis dahin galt die manipulierte Genform jahrelang als Standardsubstitut für den pathologischen Auslöser von ALS.

Auch wenn manche Mediziner durchaus daran glauben, eines Tages effizientere Tests an Tieren durchführen zu können, die bessere Rückschlüsse auf Menschen erlauben, geht es den Kritikern der Ice Bucket Challenge, um eine grundsätzlichere Frage: Sie wollen klarstellen, dass das bewährte Argument falsch sei, wonach Tierversuche als einziger Lösungsweg angesehen werden: „Die Frage lautet nicht: Versuche an Menschen oder Versuche an Tieren“, betont die Neurologin Akhtar in ihrem Artikel, den sie zur argumentativen Verteidigung von Pamela Anderson geschrieben hatte.

Dr. Neal Bernard schlägt unterdessen vor bis zu einem eindeutigen Bekenntnis von ALS beispielsweise die Organisation Compassionate Care ALS zu unterstützen. Diese kümmere sich um die Krankheit, ohne dass dabei Tiere leiden müssten.

Bleibt also zu hoffen, dass sich aus der aktuellen Aufmerksamkeit für ALS Forschungsprogramme entwickeln werden, die nicht zu ungenauen und ineffizienten Tierversuchen führen, sondern aus denen endlich ein Gegenmittel entwickelt werden kann, das ALS-kranken Menschen wirklich hilft.