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Campus, Sex und Ravioli

Sechs gute Gründe, warum du dein Studium endlos in die Länge ziehen solltest

Scheiß drauf, dass die Anhänger der Leistungsgesellschaft dich für einen Loser halten, denn nie wieder in deinem Leben wirst du so viel Zeit haben, zu schlafen zu feiern und dir Gedanken über die ganz großen Fragen des Lebens zu machen.
Junge Frau trinkt aus einer Dose

Foto: Felix Swensson 1. FEIERN

Ein großer Vorteil des ausgedehnten Studentenlebens ist die Tatsache, dass du auch unter der Woche problemlos Saufen gehen und die überfüllten Tanzflächen am Freitag und Samstag Abend getrost dem erwerbstätigen Pöbel überlassen kannst. Wenn du es klug anstellst, fängt keine deiner Lehrveranstaltungen früher als zwölf Uhr mittags an und der Prof sitzt sowieso viel zu weit entfernt von dir, als dass er bemerken könnte, dass du eine Fahne hast oder eingeschlafen bist.

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Wenn es ganz schlimm kommt, hast du außerdem immer noch die Möglichkeit, einfach zu schwänzen. Das gestaltet sich aufgrund der Anwesenheitspflicht zwar mittlerweile etwas schwerer als früher, ist aber immer noch bedeutend leichter als dem Chef den Kater oder das Post-Ecstasy-Down als Magen-Darm-Grippe verkaufen zu wollen. Davon abgesehen gibt es wohl kein schöneres Gefühl auf der Welt, als am Montagmorgen unter den abschätzigen Blicken der neidischen Herdentiere auf dem Weg zur Arbeit nach Hause zu gehen und den Rest des überflüssigsten aller Wochentage kultiviert zu verschlafen.

2. VERGÜNSTIGUNGEN

Als das intellektuelle Wunderwesen, das du als Student automatisch bist, sind materielle Dinge für dich natürlich von höchst geringer Bedeutung. Trotzdem ist es beruhigend zu wissen, dass du dein Leben außerhalb der Uni durchaus interessant gestalten kannst, ohne dein Konto am Ende des Monats bis auf den letzten Cent ausgereizt zu haben. Mit einem gültigen Studentenausweis kommst du günstiger ins Theater, ins Kino, ins Schwimmbad oder sogar ins Waxing Studio. Davon abgesehen ist das Semesterticket immer noch eine der besten Erfindungen aller Zeiten.

3. FREIZEIT

Foto: Raymond van Mil

Auch wenn du manchmal an den schier unlösbar erscheinenden Problemen deines Studentenalltags zu verzweifeln drohst und der Gedanke an Referate, Hausarbeiten, Pflichtpraktika und Auslandaufenthalte dir körperliche Schmerzen bereitet, solltest du dir darüber im Klaren sein, dass du nie wieder soviel Zeit zu deiner freien Verfügung haben wirst wie jetzt. Fast alle anderen müssen fünfmal in der Woche früh aufstehen, um einer unbefriedigenden Arbeit nachzugehen. Du als Student hast den Vorteil, dir immer noch relativ frei aussuchen zu können, welche Kurse du besuchen willst und welche nicht (ich persönlich habe zum Beispiel alle Veranstaltungen kategorisch ausgeschlossen, die auf einen Montag, einen Freitag oder auf acht Uhr morgens angesetzt waren). Denk daran, dass die Leute, die einem geregelten Job nachgehen, dich nur deshalb verachten, weil sie neidisch auf dich sind. Und auf den Überfluss an Zeit, den du dazu nutzen kannst, deinen Charakter zu bilden, zu lesen, alle sechs Staffeln von Lost hintereinander zu schauen oder einfach nur zu schlafen.

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4. FREUNDE

Mehr Freizeit bedeutet auch, dass dir ausreichend Zeit für deine Freunde bleibt. Die Freundschaften, die du jetzt hast, sind viel tiefer und inniger als alles, was folgen wird. Ihr könnt zusammen rumhängen, auf Demos gehen, kiffen oder stundenlang über die wirklich wichtigen Fragen des Lebens diskutieren, anstatt euch nur kurz in der Mittagspause darüber auszukotzen, wie sehr ihr eure Arbeit hasst. Außerdem ist es überaus nützlich, sich ein soziales Umfeld aufzubauen, in dem die meisten Leute als Nebenjob in Bars, Clubs oder Cafés arbeiten, da du so ab und zu an etwas anderes als Packerlsuppe kommst und dich umsonst betrinken kannst.

5. INTELLEKTUELLE STIMULATION

Foto: Paper Cat | Flickr | CC BY 2.0

Wenn du es während der Zeit, die du nicht in stickigen Hörsälen und überfüllten Seminarräumen verbringst, mit dem Konsum von illegalen Substanzen nicht übertrieben hast, befindest du dich jetzt auf dem Höhepunkt deiner geistigen Fähigkeiten. Der neue Input, der dein Hirn jeden Tag aufs Neue herausfordert macht dich zu einem intellektuellen Wunderwesen, egal, ob du dich mit Politik, chemischen Formeln, Nietzsches Genealogie der Moral oder mittelhochdeutscher Dichtkunst beschäftigst. Später in deinem Leben wird dir nie wieder jemand die Möglichkeit geben, dich so intensiv mit vordergründig unwichtigen Dingen zu befassen, also nutze sie!

Je länger du studierst, desto mehr kannst du lernen. Wissen ist dein Schatz, dein Reichtum und dein Stolz. Und es ist deine geistige Überlegenheit, die dir helfen wird, wenn du in deinen dunklen Stunden über einem Teller Tütensuppe in deiner ungeheizten WG-Küche am Leben verzweifelst, oder bei deinem beschissenen Studentenjob reichen Arschlöchern in Anzügen Fingerfood servierst.

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6. LANGEWEILE

Foto: Universität Salzburg | Flickr | CC BY 2.0

Ein letzter, nicht zu unterschätzender Pluspunkt des Studentendaseins besteht in der unnachahmlich geistesreinigenden Wirkung einer todlangweiligen Vorlesung. Wenn sich dir die Möglichkeit bietet, solltest du die Chance nutzen und in deinem Wahlbereich unbedingt noch eine Veranstaltung zu den theoretischen Grundlagen der historischen Linguistik oder zur Kulturgeschichte des Pferdes im frühen Mittelalter besuchen. Wenn das Leben sonst ungebremst an dir vorbei zu rauschen scheint, wirst du hier erleben, wie lange 90 Minuten sein können. Eineinhalb Stunden Ewigkeit, in der dein Körper zwar anwesend, aber dein Geist frei ist, und du dir Gedanken darüber machen kannst, was du mit deinem restlichen Leben anstellen willst oder was du Abends zum Ausgehen anziehen wirst.

Also Freunde: Genießt die Zeit, geht feiern und am Montagmorgen schlafen, lauft über grüne Wiesen und scheißt auf alle, die euch stressen und fragen, was zur Hölle ihr denn nun mit eurer Zukunft anfangen wollt. Zehn Jahre zu studieren ist keine Schande, sondern lediglich der Beweis dafür, dass ihr verdammt viel wisst.

Nur eines lasst euch gesagt sein: Ihr könnt solange an der Uni bleiben, wie ihr wollt, aber macht euren Abschluss! Nach zehn Jahren das Philosophie- und Soziologiestudium an den Nagel zu hängen, weil ihr festgestellt habt, dass es doch nicht so das Richtige für euch ist und ihr lieber eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger machen wollt, ist verdammt uncool. Bevor ihr das macht, brecht euer Studium jetzt sofort ab—auch dafür gibt es verdammt gute Gründe. Ihr habt nicht all die Jahre eures Lebens der Bildung gewidmet, um jetzt so dumm zu sein.