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Sex

Ein Plädoyer gegen die Selbstgefälligkeit von Paaren

„Warum bist du eigentlich Single?“ ist die beschissenste Frage, die man stellen kann.
Ein Paar intim in der Öffentlichkeit

Foto: francisco_osorio via photopincc Jeder Mensch, der schon einmal in seinem Leben für längere Zeit als Single in dem absurden Labyrinth namens Welt unterwegs war, weiß, dass das Dasein als Single sowohl das Beste, als auch das Beschissenste sein kann. Manchen Menschen ist es scheißegal, ob sie Single sind und manche halten kaum einen Tag alleine aus und schlittern von einer großen Liebe in die nächste. Ich bin schon ewig Single und kann sehr gut damit leben. Ich wüsste auch keinen Grund, warum ich damit ein Problem haben sollte, denn ich bin keine traurige Jungfer, die sich vor lauter Einsamkeit jeden Abend ins Ben & Jerry's-Koma versetzt und Notting Hill schaut. Viele Menschen, vor allem Paare, mit denen ich spreche, sehen das jedoch anders und bemitleiden mich.

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Manche Menschen entscheiden sich einfach bewusst dafür, Single zu sein und stellen Ungebundenheit vor Sicherheit. Nicht jeder braucht einen Partner, um sich vollständig zu fühlen oder glücklich zu sein. Das ist eine Tatsache, die viele Menschen nicht hören wollen oder zumindest gekonnt ignorieren—vor allem jene, die in Beziehungen sind. Ich kenne so viele selbstgefällige Paare, die, sobald sie in ihre ganz persönliche Beziehungs-Geisterbahn eingestiegen sind, nie mehr raus wollen und zu vergessen scheinen, dass ein Leben außerhalb überhaupt noch existiert.

Immer, wenn ich mit Paaren unterwegs bin—wieso mache ich das überhaupt noch?—, kommt früher oder später die unvermeidliche Frage: „Warum bist du eigentlich Single?". Die Frage ist aber eher, warum ich mich ständig dafür rechtfertigen muss. Ich frage auch keines dieser beschissenen, nervtötenden Paare, warum sie eigentlich in einer unfassbar lahmen Beziehung sind und sehe sie dann so voller Mitleid an, wie sie es mit mir machen. Wenn ich den beiden dann—innerlich auf sie einprügelnd—erkläre, dass ich deswegen Single bin, weil es mir momentan nun mal einfach so in den Kram passt, lächeln sie mich mild an und sagen „Keine Sorge, du wirst schon noch jemanden finden", so als hätte ich ihnen gerade gesagt, dass ich sofort ein Spenderherz brauche, weil ich sonst auf der Stelle sterbe.

Offensichtlich verstehen sie nichts von dem, was ich ihnen sage, weil sie so sehr damit beschäftigt sind, sich selbst und ihre Lebensweise oder die Koexistenz zu ihrem vorübergehenden Seelenverwandten zu beweihräuchern. Andere Versionen derselben Aussage sind: „Irgendwann wird alles gut" und: „Du bist hübsch und klug, du musst dir also wirklich keine Sorgen machen." oder: „Ich versteh sowieso nicht, warum du nicht schon längst einen Freund hast."

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Danke für die Info und dein deplatziertes Verständnis, um das dich keiner gebeten hat. Was mir die Menschen eigentlich sagen wollen, ist, dass ich nicht so hart tun soll, weil sich doch in Wahrheit jeder einen Partner wünscht, mit dem er den Rest seines Lebens auf der Couch verbringen kann und sie insgeheim wissen, dass ich ihnen das alles nur erzähle, weil ich es selbst nur zu gerne glauben würde. Warum sind Pärchen in dieser Hinsicht so erkenntnisresistent?

Foto: CJS*64 via photopin cc

Bis ich mich in einen Skinny Jeans-Adonis verliebe, möchte ich mich nicht weiter von Paaren belehren lassen müssen, die wie die Zeugen Jehovas ungefragt den Fuß in meine seelische Tür stellen und keine Ahnung davon haben, wie schön es sein kann, niemandem Rechenschaft zu schulden, der selbst schon seit seinem dreizehnten Lebensjahr von einer Beziehung in die nächste stolpert, nur weil er keinen einzigen Tag alleine aushält und nicht versteht, warum ich mich nicht mit dem Erstbesten zufrieden geben will. Man muss sich von niemandem einreden lassen, dass man gefälligst traurig zu sein hat, weil man keinen Partner hat.

Liebe Paare, grabt euch zu Hause ein und gebt euer soziales Leben abseits von eurer Beziehung auf, schmust in der U-Bahn rum, verpestet alle öffentlichen Orte mit eurer Verliebtheit. Von mir aus, denn auch wenn das jetzt vielleicht so klingt, finde ich nicht alles scheiße, was ich nicht nachvollziehen kann—im Gegensatz zu euch. Denn es sollte jedem frei stehen, sein Glück—wie auch immer man Glück definiert—dort zu suchen, wo er will. Egal, ob alleine auf der Couch beim Binge Watching, auf der nächsten Party, im neuen unterbezahlten Praktikum oder im verliebten Thermenurlaub mit seinem Partner.

Erklärt Verena auf Twitter, warum sie gefälligst traurig sein soll: @verenabgnr