Stell dir vor, du lebst in einem Land, in dem du nicht lieben darfst, wen du willst. Bis vor 25 Jahren ging es homosexuellen Menschen in Deutschland so. Mindestens 64.000 Personen wurden wegen des sogenannten Schwulenparagrafen, § 175 des Strafgesetzbuchs, verurteilt, unzählige diskriminiert. Erst am 11. Juni 1994 wurde das Verbot abgeschafft. VICE und i-D feiern dieses Jubiläum in einer Themenwoche. Mit Geschichten von queeren Menschen, die damals wie heute für ihr Recht kämpfen, zu lieben, wen sie wollen. Alle findest du hier.
Es ist 2019 und der HI-Virus, der noch in den 80er Jahren oft ein Todesurteil war, ist in westlichen Ländern mittlerweile nur mehr eine Diagnose. Eine Diagnose mit der es sich gut leben lässt. HIV-positive Menschen sind heute oft nicht mehr ansteckend, Aids bricht bei den meisten nicht aus. Medikamente sorgen dafür, dass die Viruslast im Körper oft so gering ist, dass sie nicht nachgewiesen werden kann und Betroffene teilweise sogar Sex ohne Kondom haben können. Oder HIV-negative Kinder bekommen. Das wissen aber viele Menschen nicht. Deshalb werden HIV-Patienten im Alltag noch immer oft diskriminiert. Wie gehen sie damit um?
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Wir haben fünf HIV-positive Menschen gefragt, vier homosexuelle Männer und eine heterosexuelle Frau. Bei ihnen allen liegt die Viruslast im Körper unter der Nachweisgrenze. Und dennoch wurden sie alle bereits aufgrund ihrer Krankheit zum Außenseiter oder zur Außenseiterin gemacht.
Uwe, 49: "Ich sage immer dazu, dass es drei Buchstaben gibt, über die ich noch reden muss. Dann ist es oft vorbei."
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Alejandro, 45: "Beim Arzt bekomme ich immer nur den letzten Termin des Tages."
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Wiltrut, 49: "Einmal hat ein Mann beim Vorstellungsgespräch gefragt, ob er Behindertenzuschuss bekommt, wenn er mich einstellt."
Memo, 32: "Der Zahnarzt sagte, dass der HI-Virus beim Bohren in die Luft freigesetzt würde und anschließend in den Speichel des nächsten Patienten übertragen werden könne. So ein Bullshit."
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Einen Zahnarzt oder eine Zahnärztin zu finden, ist auch schwierig. Ich musste mal auf einem Formular beantworten, ob ich regelmäßig Medikamente nehme – also habe ich den Namen meiner HIV-Medikamente aufgeschrieben. Die Arzthelferin hat dann den Arzt gerufen und der sagte: 'Ich kann sie erst am Ende vom Tag behandeln, damit nach ihnen keine Patienten mehr kommen.'Ich war überrascht. Schließlich macht das keinen Sinn: Die Geräte müssen immer steril sein und ich bin sowieso unter der Nachweisgrenze. Er sagte, dass der HI-Virus beim Bohren in die Luft freigesetzt würde und anschließend in den Speichel des nächsten Patienten übertragen werden könne. Ich konnte es nicht fassen. So ein Bullshit.Mit meiner aktuellen Zahnärztin bin ich zufrieden – obwohl auf meiner Akte vorne ganz groß 'HIV' mit Ausrufezeichen vermerkt ist."