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Bis so guet

​Auch als Dan Brown-Fan darf man sich nicht von der Ecopop verblenden lassen

Dan Browns Inferno arbeitet wie die Ecopop-Initiative mit Angst, die das Denken stoppt.
Foto von Jamie Grant

Foto von Jamie Grant ı Flickr ı CC BY 2.0

Ich bin zusammen mit meinem Freund zwei Wochen in tropischer Hitze rumgelegen und habe gelesen. Der neue Dan Brown-Thriller Inferno war kurz davor erschienen und ich hatte den Wälzer mitgenommen, um etwas seichte Strandlektüre dabeizuhaben.

Nach ein paar Tagen war ich mit dem Schinken durch und überliess ihn meinem gelangweilten Freund. Damit war der Kopf-Urlaub zu Ende und Dan Brown streute seine panikmachende Saat in den Verstand meines Freundes. Anscheinend verführt Inferno kunsthistorisch unterfütterte Verschwörungstheoretiker (oder zumindest meinen Freund), ernsthaft über die Annahme der Ecopop-Initiative nachzudenken.

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Eine Kurzfassung des Brown'schen Infernos: Der Schweizer Milliardär Zobrist hat ein Super-Killer-Pathogen gezüchtet, das die gesamte Erdbevölkerung infiziert und ein zufälliges Drittel unfruchtbar macht. Robert Langdon macht sich auf die Suche nach dem Virus, um Schlimmeres zu vermeiden.

Dabei kommt er auch noch mit Dantes Inferno in Kontakt. DantesInferno wird von Zobrist als Prophezeiung unserer Zukunft verstanden: Die eigentliche Gegenwartsbedrohung sei die Überbevölkerung. Dann gerät in Browns KioskkrimiInfernodas David vs. Goliath-Denken durcheinander und der psychopathische Zobrist wird zum selbstlosen Befreier.

Brown arbeitet dabei mit den gleichen Mitteln wie die Ecopop-Initianten: Mit Angst, die lähmt und dem Geist eine bizarre Lösung anbietet.

Foto von Playing Futures ı Flickr ı CC BY 2.0

Die attraktive und superintelligente Ärztin Sienna liefert bei Brown das Gesamtpaket an Moral, einem offenen Geist und reinem Wissen, die uns am Schluss glauben lässt, dass Zobrist ein Visionär ist: „Zobrist starb nur deshalb, weil Menschen wie du einer bist, sich weigerten, ihre Augen zu öffnen und sich einzugestehen, dass diese katastrophalen Zustände eine unbequeme Situation hervorrufen werden.

„Alles was Bertrand tat, war, die Wahrheit auszusprechen … Und dafür wurde er geächtet."

Was kann daran falsch sein, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und sie auch vor ungemütlichen Wahrheiten nicht zu schliessen? Das Problem ist nur, dass es in der Welt—im Gegensatz zu den Brown-Plots—eine einzige Wahrheit nicht gibt. Thomas Minder hat diese Wahrheit angeblich für sich gepachtet, genauso, wie spiessige Veganer oder Frauenrechtlerinnen, die aufs Alter hin etwas die Orientierung verloren haben. So wird Menschenfeindlichkeit zum Gütesiegel einer neuen Umweltschutz-Neurose, eines Bieder-Feminismus und von einem Mundwasserproduzenten.

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Und Philosophie kann Dan Brown-Figur Sienna auch: „Vielleicht hat die Natur durch den Prozess der Evolution nun einen Wissenschaftler erfunden, der eine andere Methode zur Verminderung unserer Art entwickelt hat."

Wenn der Inferno-Freak also nicht selbst Laborant ist und Zugang zu toxischen Supermitteln hat, muss er zumindest seine politische Partizipationsmöglichkeit wahrnehmen und sich dem universellen Sinn unterordnend der Ecopop-Initiative zustimmen.

Das ist dann der Pseudo-Darwinist, der sagt, dass etwas ein Naturgesetz ist und er mit seinem Bürgerrecht jetzt nachhelfen muss, dieses Naturgesetz umso vehementer durchzusetzen. Brown lässt seine Sienna daraufhin gleich Machiavelli zitieren und letzte, moralische Unsicherheiten aus dem Weg räumen: „Der Zweck heiligt die Mittel." Basta.

Foto von Ged Caroll ı Flickr ı CC BY 2.0

Meinem Freund gefallen auch die anderen Vorschläge von Dan Brown, etwa die Idee „unsere Technologien dazu zu nutzen, bessere Menschen zu erschaffen. Gesündere, stärkere, mit funktionierenderen Hirnen" aber er weiss, dass das mit den Ecopoppern, die schon wegen Genmais in Panik geraten, nicht zu machen ist. Andererseits würden sich mit der Cyborg-Variante (funktionierende Hirne!) vielleicht solche Abstimmungen und weitere Brown-Thriller erübrigen. Um richtig Dante-like zu schliessen: „Der heisseste Platz der Hölle ist für jene bestimmt, die in Zeiten der Krise neutral bleiben." Leider brutzeln wir in diesem Inferno dann gemeinsam, wenn am 30. November zu viele den Weg zur Urne verpeilen.

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Brutzeln könnt ihr auch dieses Wochenende wieder:

Heute gibt es Sofakunst in der Achterbar und Studio GDS im Kauz.

Morgen ist einiges los: Es gibt die Kilbi an der Grenze im Palace und der Grabenhalle, Catch of the year im Dienstgebäude oder Metal im Hirscheneck. Wir hören Texte. Texte von Christian Waldvogel im Le Foyer und frische Texte in frischem Gewand im Coq d'Or. Und wir hören Musik. A winged victory for the sullen im Südpol und die Hula Honeys im Kraftfeld.

Am Samstag geht es unerhört weiter: Unerhört! Ein Zürcher Jazzfestival im Theater Neumarkt. Ausserdem läuft Electro Swing im Mehrspur und Andrew Weatherall spielt in der Zukunft.

Am Sonntag essen wir Käsekuchen und verfolgen die Abstimmung.

Und am Mittwoch feiern wir den visuellen Höhepunkt dieses Jahres: Die True CrimeIssue-Fotoausstellung von Andres Herren von 19:00 bis zur Trapped im Gonzo Club.