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Fotos

Ein Interview mit Martin Fengel

Martin Fengel ist einer unserer liebsten Fotografen, der prinzipiell immer Zeit für uns hat, großartige Fotos für uns macht, es auf die Reihe bekommt von Bodybuildern bis hin zu Mädchen mit großen Brüsten und Bierkrügen alles aufzutreiben, was wir uns wünschen und uns jedes Mal, wenn wir in München sind, zum Mittagessen und Proseccotrinken einlädt. Für unser heutiges Photo Issue Feature des Tages hat er ein Abbild von einem Abbild gemacht und so einer Frau eine ganz besondere Kante verliehen. Hier ein kleines Interview mit Martin.

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Vice: Hi Martin, Eyleen hat die Intro für unsere Still Lifes Issue geschrieben. Wie lautet die Martin Fengel-Definition von Stillleben?
Martin Fengel: Das ist eine oder mehrere Sachen, die in irgendeiner Beziehung zueinander oder sich selbst stehen. Manchmal sind sie versehentlich  arrangiert, und manchmal hat sich jemand Mühe gegeben.

Du hast mir neulich einen Text über eine deiner Ausstellungen geschickt, in dem die Rede ist von einer Untersuchung, die du seit Jahren auf verschiedenen Kontinenten, Stadt, Wald etc. betreibst—was steckt hinter diesem Drang?
Ich weiß nicht, ob das ein Drang ist, ich bin ja auch gerne faul, ist man aber woanders auf der Welt, ist das doch sehr spannend, wie das aussieht, was die Leute für Sachen machen. Ich finde es auch immer sehr überraschend, was dabei herauskommt, wie das alles fotografiert aussieht. Wie sieht das aus, kann man den vielen Fotos und Bildern, Ideen, die schon gemacht und gedacht worden sind etwas hinzufügen?

Eine Art fotografische Evolution, in der kein Fotograf mehr bei Null anfängt, was?
Ich war mal mit ein paar Künstlern in Mexiko, wir hatten alle zwei Wochen Zeit etwas zu machen, denn in der dritten sollte alles schon ausgestellt werden, dort, im Museo de Arte Carrillo Gil. Also—was tun? Herumspazieren, Fotos machen, und den Mexikanern die Eindrücke von Martin Fengel zeigen? Ist das interessant? Ich glaube nicht … Damals habe ich die „geometrische Fotografie” als neue Gattung erfunden, und viele runde und eckige Sachen fotografiert. Ah, jetzt weiß ich endlich, wie ich die grafisch aufgebauten Fotos von dir nennen soll. Was ist dein absolutes Lieblingsbild, das du jemals fotografiert hast?
Es gibt so viele Bilder, die ich gerne mag, da gibt es eigentlich kein wichtigstes. Letzte Woche war ich in Garmisch, das lief dieses Maskottchen „Ga” vor mir durch die Stadt, das ist ein Bild das ich sehr gerne mag. Das Porträt, das ich von Tracey und Daniel 1989 in NY gemacht habe. Die Fotos mit dem Schnee … nein, kann ich nicht sagen, was ich am liebsten mag…

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Was denkst du eigentlich darüber, wenn Leute in deine Fotos etwas hineininterpretieren?
Herzlich Willkommen! Das ist doch toll, ich missinterpretiere ja auch dauernd. Du arbeitest viel mit frontalem Blitz, was willst du damit zum Vorschein bringen?
Das mache ich, weil mich Lichtstimmungen nicht sonderlich interessieren, also abfotografierte, in Echt ist das anders. Wenn ich etwas fotografiere, dann geht es meistens um etwas sehr konkretes, und der Schatten von einem Baum, oder ein „interessanter Lichteinfall” hat meistens damit überhaupt nichts zu tun. Also—weg damit, und das kann man mit einem Blitz machen.

Macht Sinn. Diese ätherische Stimmungsfotografie kann auch auf Dauer echt nerven. Was war eigentlich die erste Sache, die du für Vice gemacht hast?
Das war ein Stadtplan, den ich für den VICE Guide to Munich gebastelt habe.

OK, und jetzt zu unserer aktuellen Photo Issue, welche drei Still Lifes magst du am liebsten?
Das Bild von Charlie Engmann, ich habe ihm schon geschrieben, wie toll ich das finde, vielleicht, weil ich mal so etwas ähnliches gemacht habe. Ich fand es sehr interessant, wie sich die Wissenschaft, denen, die sie nicht verstehen, versucht, zu erklären. Und das ist ja wirklich so, also wissenschaftlich—bei der Kunst und den vielen Erklärungen, was was zu bedeuten hat, und wer was eigentlich gemeint hat, und wofür was steht, bin ich mir nicht so sicher. Da kann man meistens auch genau das Gegenteil behaupten, bei der Wissenschaft ist das nicht so einfach.
Das Bild von Wolfgang Tillmans mag ich sehr gerne, weil es ein Fotokopierer ist und er kann außer Fotokopien herstellen auch oder gerade deshalb dieses Licht machen, und wird etwas anderes und bleibt dann doch ein Fotokopierer.
Das Foto von Sandy Skoglund, weil sich da alles auflöst—was und wo das alles auf dem Bild passiert, weiß keiner. Sandy wahrscheinlich schon.
Ja und mein Foto, das mag ich auch sehr gerne.

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Hast du ein Lieblingsmotiv, das immer wieder in deiner Arbeit auftaucht?
Kunsthandwerk.

Denkst du, ein Foto kann jemals ein objektives Abbild der Welt sein?
Wahrscheinlich hat man sich optisch bei ein paar Sachen darauf geeinigt, wie sie abfotografiert aussehen, so sieht ein Atompilz aus, so sieht die Mondoberfläche aus, so sieht eine Pizza von oben aus. Der Rest? Wer will denn ein objektives Abbild der Welt? Das kann ja gar nicht gut gehen.

Stimmt. Sonst hätten wir nie so ein großartiges Bild von dir für die Still Lifes Issue bekommen … Wo hast du das eigentlich aufgenommen?

Das Bild habe ich in Riga aufgenommen—meine Freunde Tom, Stephie und ich waren vom Art Directors Club Lettland eingeladen. Tom hielt einen lustigen Vortrag über die Zeit in Kathmandu, als wir dort die Zeitschrift Der Freund gemacht haben. Danach waren ein paar Stunden Zeit, in denen ich durch Riga spaziert bin. Die Frau auf dem Foto gibt es jeweils zwei mal, links und rechts vom Eingang zu einem Lokal, in dem lettische Speisen angeboten wurden. Das kann „Hering im Jackett“, Graue Erbsen mit Speck oder in Milch gekochter Fisch sein.

Lecker. Danke, Martin!