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Love is Battlefield

William Minkes hat in knapp drei Jahrzehnten seines Lebens schon so ziemlich alles gemacht vom Tontechniker über Theatermusiker bis hin zum Gabber-DJ, aber er hat dann irgendwann doch noch die Kurve gekriegt und sich auf das konzentriert, was er...

William Minkes ist der eigentlich ganz deutsche Spross zweier Theaterschauspieler mit Faible für, na? Wen wohl. Ach egal. Das ist zu billig. Jedenfalls hat William in knapp drei Jahrzehnten seines Lebens schon so ziemlich alles gemacht vom Tontechniker über Theatermusiker bis hin zum Gabber-DJ, aber er hat dann irgendwann doch noch die Kurve gekriegt und sich auf das konzentriert, was er wirklich gut kann: fotografieren. Im Voo Store eröffnet am Freitag seine erste Ausstellung und wir haben kurz mit ihm über „Love is a Battlefield“ gesprochen, wofür er über zwei Jahre auf Sex- und Waffenmessen in Deutschland, der Schweiz und Russland unterwegs war. Es geht übrigens nicht um soziale Missstände oder so etwas, falls ihr denkt, ihr solltet jetzt gelangweilt reagieren.

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Vice: Hey William, kannst du uns erzählen worum es bei „Love is a Battlefield“ geht?

William Minke: Der Einstieg für die Arbeit war die Werbung von den Venus-Plakaten, die in Berlin schon sehr ins Auge fällt, finde ich. Das ist ja die weltgrößte Sex Messe. Wir sind da einfach hingegangen um zu sehen, was dort passiert, nicht um die Leute zu denunzieren oder bloßzustellen, ich habe auch kein Problem mit der Pornoindustrie. Dann kam die Idee, ob man nach Waffenmessen schauen kann. Wie weit man so etwas kombinieren kann, weil das ja schon sehr spezielle und interessante Themen sind, so im Konsumkontext. Auch die Merkwürdigkeit der Orte. Auf einer Sex Messe findet ja kein Sex statt und auf einer Waffenmesse wird auch nicht geschossen. Also merkwürdige Formen der Präsentation. Automessen hätten mich jetzt nicht so interessiert.

Und was fandest du am reizvollsten an den Messen?

Die Merkwürdigkeit der Orte und die Faszination der Menschen, die dort hingehen. Man sieht ja auch an den Bildern in meinem Buch, dass der Blick schon auf die Besucher gerichtet ist. Ist dir dabei aufgefallen, was die beiden verbindet, gibt es da Parallelen zwischen den Messen? Parallelen sind, dass auf beiden Messen wenig Frauen waren. Ich fand es auch interessant, ob die Geilheit in den Augen der Männer dieselbe ist, aber ich glaube, dass die Souveränität auf den Waffenmessen größer ist, als bei den Sexmessen. Es war schon auffällig, dass dort jeder mindestens eine Kamera hatte, eigentlich zwei, meistens eine Videokamera und eine Fotokamera oder auch Rentner, die dann an Besenstielen ihre Kamera festgemacht haben, weil sie sich nicht gut durchdrängeln können. Also auch um von oben noch Bilder zu Angeln. Was halt komisch ist, weil Bilder von so einer Pussy, bekommt man ja auch im Internet.

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Ja, genau das gleiche habe ich mir auch schon die ganze Zeit gedacht…

Das besondere darin ist wohl, dass man das Foto selber gemacht hat und man kann sich hinter der Kamera verstecken. Sie werden vielleicht auch aus dem Grund dahin kommen, weil sie selten eine nackte Frau sehen, kann ja sein, aber nicht alle. Sie gehen hin um den Moment einfach zu genießen, es ist eine Art Erlebnistourismus. Genauso, wie wenn man die Pyramiden fotografiert, obwohl es schon tausende bessere Aufnahmen gibt, die man als Postkarte kaufen könnte, aber man will verdeutlichen das man da war, dass man das selber gemacht hat.

Hattest du eigentlich das Gefühl, dass dir in den verschiedenen Ländern verschiedene Mentalitäten entgegengekommen sind?

In Lausanne war es ein bisschen schwieriger Fotos zu machen, weil die Angst bei den Betreibern größer war, dass dort jemand kommt und Fotos macht und das eine Negativberichterstattung stattfindet, wegen Waffenrecht und so. Die waren sehr vorsichtig. In Moskau waren sie eigentlich ganz freundlich und offen. Dass ich ein Deutscher war, das hat ihnen gefallen, sie haben sich gern fotografieren lassen, das war weniger ein Problem.

Hast du viele Leute kennen gelernt, Pornomädels und Aussteller und so?

Ja, die Aussteller sind die Leute, mit denen man sich am besten unterhalten kann. Die machen auch viel Business, denen geht es eben ums Geld. Bei den professionellen Pornodarstellern ist es eigentlich auch so, dass die sehr professionell auftreten. Es gibt natürlich auch diese Showrooms oder diese Betten, die da aufgebaut werden, wo alle halbe Stunde eine Show stattfindet, das sind glaube ich dann eher C- oder D-Pornodarsteller, meistens aus dem Ostblock. Die Darsteller aus den Staaten ziehen sich auch selten aus, die zeigen höchstens mal ihre Brüste, aber das war es dann auch.

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War irgendjemand dabei, den du besonders nett fandest?

Stoja, von Digital Playground, glaube ich, das ist ein bekanntes amerikanisches Pornolabel und mit der habe ich immer noch losen Kontakt.

Also ich als Frau bin da wahrscheinlich viel empfindlicher, aber waren dir die ganzen geifernden notgeilen Kerle nicht irgendwann unangenehm?

Viele von denen wirken schon eher abgeklärt. Aber wer weiß, wie ich auf den Fotos rüberkomme, die die gemacht haben [wo ich zu sehen bin]. Ich habe auch versucht nicht aufs Klo zugehen auf Sexmessen. Die Vorstellung von den Typen mit den hochroten Köpfen, wo der Schweiß nur so runterlief, die dann aufs Klo gehen, um die Bilder auszuwerten und sich dort einen Runterzuholen … die Klos waren sehr gut besucht und ich dachte, ich halte da lieber ein paar Stunden aus. Ansonsten war das Erstaunlichste, gerade auf den Sexmessen, wie bieder das alles ist. Es ist alles unglaubwürdig, spießig und unerotisch. Es sind einfach Ausstellungsräume, Neonröhren in verschiedenen Farben und überall Plastik. Es ist erschreckend bieder.

Du meintest ja auch schon, dass dort gar kein Sex stattfinden darf …

Die Security muss aufpassen, dass manche Typen nicht ausflippen, die Hosen müssen zubleiben bei allen, das ist ja auch richtig. Es ist schon merkwürdig, dass bei einer Sex Messe kein Sex stattfindet, dass es wirklich nur um Verkauf geht, um einen Markt. Aber die meisten die dort hingehen, sind jetzt nicht die großen Kunden für die Anbieter, sondern es ist eine große Show—auch für die Konsumenten.

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Und was war so der prägnanteste Eindrucke auf den Waffenmessen?

Dass schon sehr viele ihre Kinder dabeihaben, fand ich etwas speziell. Man muss halt aufpassen, dass man da nicht zu moralisch draufguckt. Aber das fand ich schon ein bisschen speziell. Zum Teil schon richtig kleine Kinder. Die Waffen waren ja auch nicht geladen oder so und ich fand als Kind Waffen ja auch toll, es sieht halt gut aus und macht was her. Aber so ein Kind mit einer Knarre in der Hand zu sehen ist schon speziell. Ansonsten hat sich das russische Publikum schon sehr von dem in Lausanne unterschieden. Lausanne war dann eher mehr in dem Jagdbereich, viele die Jäger oder Polizisten sind und in Moskau waren es viele Hobbyschützen. Leute mit viel Geld zum Teil.

So Mafiosi-Typen, wie man sie sich vorstellt?

Man überlegt dann schon, ob man ein Foto von dem macht, nicht dass er das um tausend Ecken mal sieht und dann bekommt man doch Probleme. Gerade wenn sie mit Anzug und Schlips auftauchen, da denkt man, das sind vielleicht irgendwelche Politiker. Es sind halt kurze Klischeegedanken, die einem durch den Kopf gehen. Russlandmafia und so.

OK, und nun zu deiner Ausstellung? Warum wäre es eine absolute Schande, sie zu verpassen?

Es werden acht Bilder dort hängen und das Magazin wird zum Verkauf ausliegen. Ich habe mich eher für wenige Bilder entschieden und dafür für große. Es ist keine Galerie, sondern ein Verkaufsladen, wo auch Kleidung verkauft wird. Zu viele kleine Bilder würden im Raum untergehen. Das ist schon mein Anspruch, dass man in den Raum reingeht und sofort die Bilder sieht.

Also großformatig in your face. Danke, William.