Collage mit Menschen beim Sex, die Pornodarstellerin Alison Rey spricht mit ihrem Freund Jack über ihr Beziehungsleben.
Collage: CATHRYN VIRGINIA | Fotos: Getty Images
Sex

Ich bin Pornostar, mein Partner nicht – so haben wir Sex

"Er war der erste, der begeistert auf meinen Beruf reagiert hat, ohne ihn zu fetischisieren." – Alison Rey

Pornostars sind dauergeil und haben auch privat ausschließlich Sex in halsbrecherischen Stellungen. Das stimmt natürlich nicht, dennoch werden Darstellerinnen und Darsteller ständig mit dieser Vorstellung konfrontiert, wenn sie Menschen außerhalb der Branche kennenlernen – vor allem, wenn zwischen ihnen was läuft. Sex mit einem Pornostar ist für viele etwas, womit sie in ihrem Freundeskreis angeben können, zwischen der Kunstfigur aus den Filmen und der Privatperson wird häufig nicht unterschieden. Aber auch wenn sie nicht zum Objekt degradiert werden, ist Dating außerhalb der Branche für die Darstellerinnen und Darsteller schwierig.

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Beziehungen zwischen Pornostars und Laien oder Zivilisten, wie sie Menschen aus der Branche nennen, stellen die Paare vor besondere Probleme. Neben der offensichtlichen Eifersucht sind viele von den vielen sexuellen Erfahrungen der Darstellerinnen und Darsteller eingeschüchtert. Erschwerend kommen die unregelmäßigen Arbeitszeiten, die vielen Reisen und die körperliche Belastung durch die Drehs hinzu. Manchmal bleibt deswegen nicht mehr viel Zeit und Energie fürs private Sexleben. 

Wegen dieser ganzen Probleme daten einige aus der Branche nur Menschen, die ebenfalls im Pornogeschäft sind – oder verzichten ganz auf Beziehungen.

Die Pornodarstellerin Alison Rey bei der 2020 AVN Awards Nominations Party

Alison Rey | FOTO: IMAGO / Independent Photo Agency Int.

Aber manchmal funktioniert es doch. Leider ließen viele Stars uns gegenüber durchblicken, dass sie lieber nicht zu detailliert über ihr Intimleben sprechen möchten, um ihre Marke und das Image nicht zu stören, das sie um ihre Pornopersona herum aufgebaut haben.

Umso mehr haben wir uns darüber gefreut, dass die Branchenveteranin Alison Rey und ihr Freund Jack bereit waren, mit uns über ihre Beziehung zu sprechen. Jack arbeitet nicht in der Pornobranche und heißt in Wahrheit anders. Er wollte gerne seine Privatsphäre schützen.


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Alison Rey: Als ich vor achteinhalb Jahren als Darstellerin anfing, hatte ich einen Freund. Wir waren sexuell nicht monogam, aber nur wegen meiner Arbeit. Dann begann ich, viel Zeit mit einem anderen Darsteller zu verbringen. Mein Partner meinte später, er sei anfangs deswegen eifersüchtig gewesen, aber nach einer Weile dann nicht mehr – und das war für ihn ein Problem. Also machten wir Schluss und ich begann, jemanden aus der Branche zu daten. Wir waren poly und ich hatte verschiedene Beziehungen mit ein paar Männern außerhalb der Branche, die ich spontan kennengelernt hatte. Das waren vor allem Affären, nichts ernstes. 

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Ich bemerkte schnell, dass diese ganzen Typen meinen Job als Novum behandelten und mich auf eine unangenehme Art fetischisierten. Sie sahen mich als Eroberung – etwas, womit sie angeben konnten: "Ich habe Alison Rey gefickt." Sie hatten wohl auch bestimmte Vorstellungen, wie es sein würde, Sex mit einem Pornostar zu haben. Die haben versucht, mich zu vögeln, wie es jemand an einem Pornoset machen würde. Sie gingen offensichtlich davon aus, dass ich Sex so mag, wie ich ihn vor der Kamera habe. Sie haben mich auch nie vorher deswegen gefragt. Das Vorspiel haben sie einfach übersprungen und wollten direkt loslegen. So wie sie das in Pornos gesehen haben. Aber ich bin sehr direkt und kommuniziere immer viel mit meinen Partnern. Also sagte ich ihnen: "Das macht mir so überhaupt keinen Spaß." Sie verstanden sofort, dass ich immer noch das Ruder in der Hand hatte.

"Er verlangte, dass ich nach jedem Dreh meine Zähne putze und dusche." – Alison Rey

Und keiner dieser Typen stellte mich an erste Stelle. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass sie generell nichts Festes wollten oder an mir als Person oder wegen meines Berufs. Aber ich hatte ihr Rumgeeiere irgendwann satt. Dann lernte ich auf Bumble meinen jetzigen Ex-Mann kennen. Er hatte bis dahin nur klassische Beziehungen gehabt, aber er mochte mich und wollte es probieren. Aber es war alles nicht so einfach. Er hatte Probleme, Freunden und Familie von unserer Beziehung und meinem Job zu erzählen.

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Als ich mich für den Job entschied, wusste ich, dass ich immer wieder gegen Vorurteile und Stigmatisierung ankämpfen müssen werde. Generell komme ich auch ganz gut damit klar, wie ich finde. Aber im Kontext einer Beziehung ist es noch mal etwas anderes – und das färbte auf uns ab. 

Es gab auch ein paar Sachen, die er von mir verlangte. Zum Beispiel, dass ich nach jedem Dreh meine Zähne putze und dusche. Das war auch sehr nachvollziehbar und vernünftig. Aber einmal hatte ich in der Eile nach dem Dreh vergessen, meine Zähne zu putzen, kam nach Hause und gab ihm einen Kuss. Als ich merkte, was ich getan hatte, sagte ich es ihm sofort und entschuldigte mich. Ich war immer ehrlich zu ihm, ganz egal wegen was. Seine anschließende Reaktion brachte aber etwas von diesem Stigma zu mir nach Hause.

Dann habe ich Jack in einer Bar kennengelernt. Er war die erste Person, die aufrichtig begeistert von meinem Beruf war, ohne ihn zu fetischisieren. Und als ich über nichtmonogame Beziehungen sprach, spürte ich eine Energie von ihm, die ich bei anderen Leuten noch nie so wahrgenommen habe. Wir sind jetzt seit fünf Monaten zusammen.

Jack: Wir lernten uns bei einer Kneipentour kennen. Alison war da noch mit ihrem Mann zusammen. Wir quatschten und machten ein bisschen rum, aber sie stellte von vornherein klar, dass sie verheiratet ist und dass, sollte etwas passieren, es nur was Lockeres wäre. Ich ging also ohne Erwartungen an diese Beziehung heran. Ich glaube auch nicht, dass ich bestimmte Vorstellungen hatte, wie es wäre, mit jemandem aus der Pornoindustrie zusammen zu sein. 

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Das liegt vielleicht auch daran, dass ich zwar wie viele Teenager mit Pornhub angefangen habe, dann aber bald zu Reddit übergegangen bin. Dort bin ich den Leuten gefolgt, die ihre persönlichen Inhalte geteilt haben, und konnte mit ihnen interagieren. Dadurch habe ich früh verstanden, dass die Menschen in der Pornoindustrie einfach nur Menschen sind – und dass das halt ihr Job ist.

"Um beim Sex wirklich Lust und Spaß zu haben, muss ich mich entspannen und die sinnlichen Eindrücke auf mich einwirken lassen können." – Alison Rey

Als Alison in unserem Gespräch erwähnte, was sie beruflich macht, sagte ich nur: "Oh, das ist so cool! Ich kann nicht glauben, dass ich mal jemanden in echt kennenlerne, der so was macht!"

Anfangs hatte ich ein bisschen mit Eifersucht zu kämpfen. Aber es half, dass ich Alison kennengelernt hatte, als sie verheiratet war. Es war also von Anfang an klar, dass das eine nichtmonogame Beziehung sein würde und ich nicht meine ganze Zeit mit ihr verbringen würde, wie ich es vielleicht bei einer anderen frischen Beziehung getan hätte. Vor allem wusste ich, dass ich augenblicklich an jedem Anflug von Eifersucht arbeiten musste. Anders würde es gar nicht funktionieren. 

Schon sehr früh sagte Alison mir etwas, das mir zu verstehen half, dass der Sex auf der Bühne nur ein Job für sie ist: Der Pornosex mache vielleicht Spaß, aber zumindest für sie sei er nicht wirklich befriedigend oder erfüllend. Es ist nicht unbedingt die Art von Sex, die sie will oder die sich für sie echt oder intensiv anfühlt. 

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Alison: Wenn ich an einem Pornoset bin, denke ich an so viele Dinge: Wo sind die Lichter? Halte ich die Beine breit genug für die Kamera? Habe ich genug gestöhnt und Dirty-Talk gemacht? Habe ich gerade ein Doppelkinn oder muss ich meinen Bauch noch ein bisschen einziehen? Um beim Sex wirklich Lust und Spaß zu haben, muss ich mich entspannen und die sinnlichen Eindrücke auf mich einwirken lassen können. Das kann ich nicht, wenn mir Millionen Sachen durch den Kopf gehen. Zu Hause gehört meine ganze Aufmerksamkeit meinem Partner und es gibt kein Publikum.

Jack: Wenn ich jetzt mitbekomme, dass Alison eine Szene dreht, bin ich nicht mehr eifersüchtig, sondern hoffe einfach, dass alles gut läuft. Das bedeutet nämlich mehr Arbeit für sie und vielleicht auch ein paar Preise aus der Branche.

"Nach einem Dreh sollte ich vielleicht nicht dieselben Sachen machen, die sie für die Szene getan hat. Es kann sein, dass sie ein bisschen wund ist." – Jack

Ich habe nie erwartet, dass Pornodarstellerinnen auf irgendeine besondere Art Sex haben wollen. Aber ich erinnere mich, dass Alison mir schon früh gesagt hat, dass man auf das Gehämmer, das man aus den Filmen kennt, langsam hinarbeiten muss. Es sollte nicht am Anfang passieren. Außerdem meinte sie, dass ich nach einem Dreh vielleicht nicht dieselben Sachen machen sollte, die sie für die Szene getan hat. Es kann sein, dass sie davon ein bisschen wund ist. 

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Alison: Das war auch ein Problem in meiner Beziehung mit meinem Ex-Mann. Er wollte nämlich immer, dass wir uns nach einem Dreh wieder körperlich annähern. Aber weil ich müde und wund war und es mir wie ein Pflichtprogramm vorkam, fühlte sich dieser Sex manchmal wie eine Transaktion an.

Auf diese Weise versuchte ich auch unter anderem, wieder ein Gleichgewicht zwischen uns herzustellen und dafür zu sorgen, dass er als ziviler Partner entspannter war. Ich glaube, bei uns machte sich dann aber etwas gegenseitige Verbitterung breit. Versteh mich nicht falsch, wir hatten großartigen Sex und unsere Beziehung war häufig sehr gut. Aber dieser Konflikt färbte auf unser Sexleben ab.

“Für mich ist es unglaublich intim, jemanden in mir kommen zu lassen. Das behalte ich mir für Menschen in meinem Privatleben vor, für die ich echte Gefühle habe.” – Alison Rey

Mit Männern, die selbst in der Branche sind, ist das Problem ein anderes. Menschen mit Penissen haben nur eine begrenzte Menge Energie, wenn du so willst. Als ich meinen Freund hatte, der selbst Darsteller war, und er nach dem Dreh zu müde für Sex mit mir war, hatte ich das Gefühl, zu Hause nicht genug Sex zu kriegen. 

Jack: Dass Alison nach der Arbeit manchmal wund ist, war nie ein Problem für mich. Es lässt sich bei dem Beruf auch nicht vermeiden. Ich kann mich dann um mich selbst kümmern oder wir können auf Arten intim sein, die angenehmer für sie sind.

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Alison: Nicht, dass das irgendwelche Partner jemals von mir verlangt hätten, aber bis heute habe ich vor der Kamera noch nie einen Creampie für ein Pornostudio gemacht. Für mich ist es unglaublich intim, jemanden in mir kommen zu lassen. Das behalte ich mir für Menschen in meinem Privatleben vor, für die ich echte Gefühle habe.

Durch meine Arbeit habe ich aber auch Sachen gelernt, die ich in mein Sexleben jenseits der Kamera einfließen lasse. Zum Beispiel war ich früher nicht sehr gut im Dirty Talk, aber jetzt hilft mir meine Improvisationsfähigkeit, die ich durch die Arbeit bekommen habe, sehr bei Rollenspielen. Mir machen solche Spiele Spaß, weil ich gerne die Fantasien von Menschen erfülle. Das ist auch einer der Gründe, warum ich überhaupt mit Pornos angefangen habe. Jack steht sehr auf Rollenspiele und Verkleidungen. Die Skills aus meinem Beruf haben mir also wirklich dabei geholfen, unser Sexleben zu verbessern.

Jack: Ja, aber abgesehen davon bin ich mir gar nicht so sicher, ob Alisons Job überhaupt so einen großen Einfluss auf unsere Beziehung hat.

Alison: Nun, üblicherweise habe ich in der Vergangenheit meinen eigenen Content für Clipseiten, OnlyFans oder Fanaufträge mit einem meiner Partner gedreht. Es ist super üblich in der Branche, dass die Partner im Hintergrund als Stunt-Schwänze mitwirken. Aber Jack und ich klamüsern noch aus, ob und wie wir das angehen wollen.

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Ein Problem ist, dass POV-Videos zwar dabei helfen, das Gesicht meines Partners zu verstecken, ich diese Videos aber hasse. Meine Marke ist nämlich sehr auf Authentizität ausgerichtet und darauf, so viel echte Chemie und Lust einzufangen, wie es nur geht – während wir natürlich weiter auf die Kamera achten und darauf, dass alles gut aussieht. Wenn Jack da mitmacht, könnte es halt langfristige Auswirkungen auf sein Leben haben – und unsere Beziehung ist immer noch recht neu. Nichts ist in Stein gemeißelt.

"Das erfordert emotionale Reife und die Bereitschaft, für sich selbst einzustehen." – Alison Rey

Jack: Alison hat klar gemacht, dass, wenn etwas einmal im Internet landet, es dort für immer bleibt. Den Einstieg ins Geschäft kann man also nicht mehr rückgängig machen. Sie meinte zu mir, dass ich ernsthaft darüber nachdenken soll, ob ich mich wirklich an ihren selbstgedrehten Videos beteiligen will, und das habe ich. Momentan sind wir an dem Punkt, dass wir es mal mit POV probieren, auch wenn Alison kein Fan davon ist. Ansonsten könnten wir auch mein Gesicht unkenntlich machen. Wenn wir uns beide wohler damit fühlen und unsere Beziehung weiter fortschreitet, können wir diese Entscheidungen später noch mal überdenken. 

Alison: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass jede Person aus der Industrie, die mit jemandem von außerhalb zusammenkommt, viele Gespräche führen muss – auch einige schwierige. Wenn man sich noch nicht mit den eigenen Unsicherheiten auseinandergesetzt hat und noch nicht gelernt hat, seine Gefühle zu kommunizieren und Grenzen zu setzen – zum Beispiel durch Therapie –, können diese Unterhaltungen sehr, sehr schwierig werden. Es geht um den Umgang mit Gefühlen wie Eifersucht und den ganzen Unsicherheiten, Problemen und alten Wunden, die dadurch aufreißen können. Das erfordert emotionale Reife und die Bereitschaft, für sich selbst einzustehen.

Jack: Die meisten Menschen wachsen mit der Vorstellung, dass Sex das Intimste ist, was zwei Menschen miteinander teilen können. Aber Alison hat mir gezeigt, dass das nicht stimmt. Gefühle mit jemandem zu teilen – eine Verbindung auf dieser tiefen Ebene zu schaffen –, ist das Intimste, was man mit jemandem machen kann. Das ist das wichtigste Element in meiner Beziehung mit Alison, nicht die sexuelle Intimität.

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