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Interviews

Exklusives Interview und Songpremiere: RUNES werden als sexistische Nazis beschimpft

Verfassungsschutz aufgepasst: RUNES sind Teil einer europaweiten Verschwörung von sexistischen Nazis, die die heiligen Hallen des Hardcore beschmutzen wollen.

Sind RUNES Teil einer europaweiten Verschwörung von sexistischen Nazis, die mit Fuchsschwänzen bewaffnet die heiligen Hallen der Hardcore-Szene beschmutzen wollen? Zur Stunden wissen wir nur, dass sie dezentral organisiert sind. Sie verteilen sich auf Schweden, England und Italien. Sie proben ihre Attacken erst kurz bevor sie stattfinden. Sie tragen schwarz. Das allein sollte schon reichen, sie zu verdächtigen. In ihrem neuen kryptischen Machwerk haben sie sicherlich auch satanisch-sexistisch-nazistische Botschaften versteckt.

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Noisey: RUNES ist eine wirklich europäische Band. Ihr seid alle aus unterschiedlichen Ländern. Wie probt ihr? Und wie schreibt ihr eure Songs?
RUNES: Also, um das mal klarzustellen: Wir proben nie. Niemals. Wie du dir vorstellen kannst, ist es beinahe unmöglich. Dick lebt in Berlin, Joseph in Brighton, André ist auf Sardinien und Simon wohnt in Schweden. Wir sind nicht die Art von Band, die jede Woche zusammenkommt und fünf Stunden zusammen probt, um einen Song zu perfektionieren. Normalerweise fällt uns unabhängig voneinander etwas ein, das wir zu einem Song ausbauen wollen. Wir schicken uns das Material gegenseitig zu und arbeiten daran. Letztendlich kommen wir in einem Studio zusammen und nehmen zusammen auf. Oder wir beginnen kurz vor einer Tour, gemeinsam zu proben.

Wie seid ihr denn dann überhaupt darauf gekommen, eine Band zu gründen?
Ursprünglich war es Andrés und Dicks Idee. Sie haben zusammen auf Sardinien ein paar Songs geschrieben, während Dick ihn dort besuchte. RUNES wurden also in einer Garage irgendwo in Cagliari geboren, an einem sehr regnerischen Tag. Es war sowieso an der Zeit, dass The Legacy (die Band, in der Joseph und Dick vorher gemeinsam spielten, Anm. d. Red.) aufhörten. Joseph zu fragen, ob er mitmachen wolle, war also eine einfache Entscheidung, denn wir sind schon seit Jahren befreundet. Anfangs hatten wir auch vor, immer verschiedenen Gitarristen für unsere Tourneen anzufragen, denn wir dachten, wir würden nie jemanden finden, der perfekt dazu passt. Als wir Simon aus Schweden, den wir von seiner alten Band The Romance kannten, auf Tour dabei hatten, fragten wir ihn aber schon nach der Hälfte, ob er nicht einfach gleich bleiben wolle, weil er so gut zu uns passt. Zum Glück hat er ja gesagt.

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Wieso habt ihr euch für den Namen RUNES entschieden?
André ist darauf gekommen wegen seiner Faszination für die alten germanischen und nordischen Schriften. Es ist ein cooler Name. Außerdem hatte ihn noch keiner benutzt und er klingt gut. Er hat uns Raum gegeben, die dazugehörigen Bilder und Symbole zu benutzen, die wir in die Ästhetik der Band einfließen lassen. Wir finden aber generell, dass das Finden eines Band-/Album-/Songnamens das Mühsamste und Frustrierendste ist, was du als Musiker tun musst. Ganz ehrlich, wen interessiert’s? Es ist ja nur ein Name. Ein beschissener Name bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass die Musik Scheiße ist. Solange er dich nicht erbrechen lässt, ist der Name doch scheißegal.

Was ist das abgefuckteste, das euch auf Tour passiert ist?
Mit RUNES ist uns noch nichts wirklich Kaputtes auf Tour passiert. Meistens gehen uns nur diese politisch-korrekten Hardcore-Vollspasten auf die Eier, die sich irgendeine Scheiße einbilden. Wenn du dir das Artwork unseres zweiten digitalen Releases anschaust, dann siehst du eine klassische Fotografie eines arbeitenden Mädchens aus den 1920ern oder 30ern. Nur dafür wurden wir von allen möglichen Pennern als Sexisten beschimpft. Außerdem drohten sie uns damit, uns auf Shows zu verprügeln. Ist aber nie passiert. Außerdem wird uns auch permanent vorgehalten, wir seien Nazis wegen des Bandnamens und der Runen. Als wir in Stockholm gespielt haben, hatte Joseph einen Fuchsschwanz an seinem Bass. Irgendein Typ einer anderen Band kam tatsächlich auf die Bühne und verlangte, das Ding abzumachen, weil es angeblich anstößig sei wegen der veganen Ethik und so weiter. Als Joseph ihn dann freundlich darauf hinwies, dass viele im Publikum Lederjacken und -Schuhe trugen, hat er die Fresse gehalten. Es ist ziemlich witzig, andere auf ihre Doppelmoral hinzuweisen, vor allem im Bezug auf so unwichtige Scheiße.

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Wie hat sich die Hardcore-Szene denn insgesamt verändert?
Ich glaube nicht, dass irgendeiner von uns wirklich viel dazu sagen kann. Außer vielleicht André, da er ein Hardcore-Label hat. Viele unserer Freunde sind immer noch stark involviert und veröffentlichen Platten, was wir auch unterstützen. Vielleicht sind wir auch weniger naiv heute als früher. Keine Ahnung, ob es daran liegt, dass die Szene sich verändert hat, oder daran, dass wir uns verändert haben. Es gab schon immer mehr Scheißbands als gute Bands. Und es gab immer schon einen Katalog ungeschriebener Regeln über die Einheitlichkeit der ganzen Sache. Ich schätze das ist in keiner Szene anders, aber die Szene, die aus der Punkbewegung kam, sollte schon offener für Individualität sein. Es gibt so viel Engstirnigkeit in der Hardcore-Szene. Die ganze Sache mit dem ewigen Geflenne um Nazi- und Sexismus-Vorwürfe zum Beispiel ist ein perfektes Beispiel. Wir tragen schwarze Kleidung und schwarze Armbänder mit unserem Logo drauf, weil es uns gefällt. Wir wurden dafür so heftig kritisiert. Es ist beinahe so, als ob du eine offizielle Erklärung abgeben musst. „Hey wir sind wirklich keine Sexisten und keine Nazis! Sorry, wenn das so wirkt.“ Das ist doch lächerlich. Wir wollen einfach nur unser Logo pushen. Wie andere Punkbands auch. Denk an Black Flag, The Germs oder Dead Kennedys. Sie alle hatten ein leicht erkennbares Logo. Als wir jung waren, liebten wir diese Bands, deshalb wollten wir das Gleiche für RUNES. Uns gefiel die Idee als Band ein Logo zu haben, das greifbar ist und Bezug herstellt.

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Wann werdet ihr wieder auf Tour gehen und wo?
Wir sind gerade dabei, eine Tour zu buchen. Bald kommt auch wieder eine 7“ von uns raus gemeinsam mit unseren Freunden GRIEVED. Im September werden wir zusammen touren. Vermutlich hauptsächlich auf dem Festland Europas.

Wovon handeln eure Lyrics?
Meistens vom Scheitern zwischenmenschlicher Beziehungen und die Frustration, die daraus entsteht. Es ist immer einfacher, sich an die schlechten Dinge zu erinnern und wie diese dich beeinflussen. Und die meisten schlechten Dinge passieren eben, wenn eine Beziehung scheitert oder eine Freundschaft kaputtgeht. Mit RUNES haben wir ein gutes Ventil. Auf der neuen Scheibe ist allerdings ein Song, der von etwas völlig anderem handelt und das ist uns wirklich wichtig.

Woher kommt eure Wut?
Wir waren immer wütend. Und sind es immer noch. Täglich. Andere Menschen machen uns einfach verrückt. Das hat Dick auch zum Glatzkopf gemacht. Es ist nicht genetisch, es ist definitiv Stress. All diese Leute, über die wir gerade zusammen gesprochen haben, machen uns krank. Deren riesige Egos, Engstirnigkeit, fehlender Respekt … eigentlich fehlt denen alles, was einen Menschen zum Menschen macht. Ganz ehrlich: Wer wird nicht total angepisst davon, wie Menschen sind?

Bestellt euch hier die neue 7'' von RUNES und GRIEVED vor.

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