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Menschen

"Dich fick ich heut noch!"

Es ist so alltäglich, sexuell belästigt zu werden, dass man anfängt, es als selbstverständlich zu sehen. Aber das darf es nicht sein.
Illustration von einer Frau die von zwei Männern belästigt wird
Foto: Paul Townsend | Flickr | CC BY-ND 2.0

Es gibt einen sehr großen Unterschied zwischen angemacht zu werden und dem, was meinen Freundinnen und mir mittlerweile schon zu oft passiert ist. Es ist so alltäglich, sexuell belästigt zu werden, dass man irgendwann anfängt, es als selbstverständlich anzusehen. Das ist falsch.

In der U4 hat sich vor ein paar Monaten ein betrunkener Typ vor mich gestellt, mich ins Eck des Waggons gedrängt und mir immer wieder gesagt „In India they would rape and kill you". Er hat mich nicht vorbeigelassen, sein betrunkener Freund ist daneben gestanden und hat sich kaputtgelacht. „In India they would rape, kill and burn you." Ich bin mit diesem Typen vom Schottenring bis zur Kettenbrückengasse so gefahren. Kurz bevor ich aussteigen musste, hat sich ein Mädchen zu mir gestellt und mich gefragt, ob ich Hilfe brauche. Es war früher Abend, die U-Bahn war gerammelt voll, niemand anderes ist auf die Idee zu kommen, irgendetwas zu tun. Als ich ausgestiegen bin, sind die beiden auch ausgestiegen, ich bin einfach weggerannt. Einer Freundin hat sich in der U-Bahn einmal einer gegenübergesetzt, sie angestarrt und sich dabei einen runtergeholt. Auch da hat niemand etwas gesagt oder getan. Gesehen haben es genug.

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Wenn jemandem beim Fortgehen oder auf dem Weg zur Uni ein Mann im Vorbeigehen ein „Dich fick ich heut noch" oder ein „Blas mir einen" entgegenschleudert oder zuflüstert, kann man ja fast nur den Kopf schütteln. Vielleicht lacht man noch darüber, weil es ja doch irgendwo sehr kläglich ist. Aber ist es das wirklich? Beim Fortgehen greifen uns Frauen regelmäßig irgendwelche Betrunkenen auf den Arsch, auf die Brüste oder zwischen die Beine. Das ist schlimm, aber nicht außergewöhnlich. Ich kenne keine Frau, der so etwas noch nie passiert ist.

Aber wie reagiert man in diesen Situationen angemessen? Am Praterstern haben mich vor ein paar Jahren nach dem Fortgehen drei Jungs angesprochen, ich war müde und habe ihnen gesagt, sie sollen mich in Ruhe lassen, worauf einer vollkommen ausgerastet ist und mir „Ich bring dich um, du Hure" hinterhergeschrien hat. Ein Pärchen hat das mitbekommen, sich zu mir gestellt und mich, als er nicht weggegangen ist und nicht aufgehört hat, mich anzuschreien, zu einem Taxi begleitet. Bei einer Taxifahrt an einem anderen Abend hat mir der Fahrer angeboten, gratis fahren zu dürfen, wenn ich mein Shirt ausziehe. Sogar ein Frauenarzt hat mir einmal während der Untersuchung von den ganzen schönen, jungen Patientinnen erzählt, denen er Tag für Tag widerstehen muss.

Es fällt mir normalerweise nicht schwer, auf Dummes zu kontern, aber diese Situationen sind wirklich schwierig. Man reagiert natürlich nicht ganz geistesgegenwärtig, ist nervös und unruhig und kann nur daran denken, wie man da jetzt rauskommt. Es kann doch nicht sein, dass man mit gesenktem Kopf durch die Straßen gehen und solche Aussagen über sich ergehen lassen muss, nur um die jeweilige Situationen nicht noch schlimmer zu machen. Auch angespuckt bin ich schon worden, als ich gesagt habe, ich möchte bitte in Ruhe gelassen werden.

Wenn so etwas passiert, denke ich meistens, dass es ja nur ein einzelner Idiot war, ich nicht überreagieren oder nicht alle Männer verallgemeinern sollte. Natürlich kann man das nicht, aber es sind eben keine Einzelfälle und sich bei so etwas zu sagen, man solle nicht überreagieren, ist absurd. So lange Frauen diesen Scheiß über sich ergehen lassen, wird sich nichts ändern. Und dasselbe gilt auch und vor allem, so lange Außenstehende einfach wegsehen.

Hanna auf Twitter: @HHumorlos.