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Sex

Fisting-Seminare bringen Menschen zusammen

Warum sollte es sich gut anfühlen, sich eine Faust in diverse Körperöffnungen zu stecken?

Für viele Leute ist der Akt des „Fistens" wirklich keine große Sache. Ich habe es schon so oft gemacht, dass ich nicht mal mehr eine Handtasche brauche, aber offensichtlich wollten ein paar Collegestudenten an der McGill Universität in Montreal, Quebec mehr darüber lernen, weshalb ein paar queere Kids gleich losrannten und einen Lehrabend auf dem Campus veranstalteten. Der Kurs hieß „Take Five: The Pleasures of Fisting", unterrichtet von Sex-Bloggerin, Polyamoristin und Geschichtsforscherin sexueller Fetische—Andrea Zanin. Wir konnten natürlich nicht widerstehen, eine potentiell peinliche und emotional prekäre Situation wie diese auszunutzen und schickten zwei Studenten los, um an dem Ding teilzunehmen und für uns darüber zu berichten. Und hier könnt ihr erfahren, was dort so los war:

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SCHULMÄDCHENREPORT

VICE: Wie hieß das Seminar und wo fand es statt?
Studentin: Queer McGill präsentiert TAKE FIVE: THE PLEASURES OF FISTING mit Andrea Zanin. Es fand auf dem McGill Campus statt, in dem gleichen Raum, in dem normalerweise der Senatssitzungen stattfinden. Soviel zum Thema „Reclaim the Uni“!

Warum wolltest du daran teilnehmen?
Warum nicht? Wie oft kommt es vor, dass so etwas a) auf dem Campus stattfindet (obwohl ich rausgefunden habe, dass das eine jährliche Veranstaltung ist) b) dass es kostenlos ist und c) dass so ein Kurs fast ausschließlich mit Leuten im Studentenalter gefüllt ist, das heißt kaum Psychos, und d) dass ich die Gelegenheit haben werde, an so einer Veranstaltung teilzunehmen. Es war eigentlich eher eine spontane Entscheidung, aber ich dachte mir, dass es einfach zu gut klingt, um es zu verpassen.

Was für Leute waren dort?
Ich glaube, das waren alles Studenten oder zumindest Leute im Studentenalter (so zwischen 18 und 30). Grob gerechnet würde ich sagen, dass 60 Prozent Müslifresser und Feministinnen waren, also zum Beispiel Leute, die für Achselbehaarung sind, Jungs mit langen Haaren, dicke Strickpullover, Fixie-Bike-Liebhaber, Nonkonformisten, dieser übliche Krempel eben. Die saßen alle vor mir.

Ungefähr 10 Prozent waren, glaube ich, high. Die saßen genau hinter mir. Die meisten machten sich ziemlich schnell wieder aus dem Staub. Dann gab es ungefähr 10 Prozent von den eher „langweiligen" Mädchen, die Mainstreamklamotten tragen. Ich kann aus ihrem  Kleidungsstil oder dem, was sie gemacht haben, jetzt nicht so viel über die sagen.

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Zehn Prozent waren Jungs. Kumpels. Diese Art von Jungs. Sie kamen erst gegen Ende des Vortrages und kurz vor der Vorführung. Sie saßen in der hintersten Ecke des Zimmers. Die restlichen zehn Prozent waren dann überall verteilt. Ein Mix aus Neugierigen und Leuten, die zufällig reingestolpert sind. Schwer zu sagen, warum sie da waren.

Hast du dich auf der Veranstaltung irgendwie unwohl gefühlt? Was ging dir währenddessen so durch den Kopf?
Na ja, also das Seminar ging über zwei Stunden. Die ersten anderthalb Stunden bestanden aus einem Gespräch oder eher einer ungezwungenen Diskussion über Vaginas, Techniken, Anatomie und andere solche Themen. Es war unglaublich, wie sie (die Ausbilderin) eine dermaßen gechillte Stimmung schuf und ständig Sexwitze erzählte. Deswegen fühlte ich mich auch nicht unbehaglich oder so. Jemanden vor dir sitzen zu haben, der keine Angst hat, vor einer großen Gruppe das Wort Vagina laut auszusprechen und dann auch noch so richtig ins Detail zu gehen, hat echt geholfen. Sie hatte auch Requisiten, unter anderem ein großes Kissen in der Form einer Vagina, um die Anatomie zu veranschaulichen.

Anschließend gab es eine 30-minütige Vorführung. Sie zog überall um uns herum die Vorhänge zu und die Empfängerin lag auf dem Tisch, auf dem unter anderem noch eine Decke und ein Bettlaken lagen. Die Fisterin ging daraufhin die Grundregeln des Fistens durch und sagte dann zu uns allen, dass wir so nah wie möglich kommen könnten, aber Beifall, Bilder, Twitter und allgemein soziale Netzwerke wären unerwünscht und dass wir bitte aufmerksam zusehen sollten. Dann sagte sie noch, dass wir die beste Sicht hätten, wenn wir uns an den Füßen der Empfängerin platzieren würden, denn dann könnten wir direkt in ihre Vagina sehen. Dann zog „Unten“ ihr Kleid aus und lag nur noch in einem T-Shirt da. „Oben“ hatte Handschuhe an und saß neben ihr. Es wurde still im Raum. Ein paar Leute machten sich aus dem Staub. Und dann ging es zur Sache.

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Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich die ganze Zeit—völlig schockiert—mit weit geöffnetem Mund dastand. Nichts davon war irgendwie anturnend. Es war eher wie ein systematischer Vorgang, als würde man den Bauch einer Kuh abtasten. Als wäre es quasi total normal, aber eben keine alltägliche Sache, es sei denn es ist dein Job oder dein Hobby.

Nach 15 Minuten war es vorbei. Die Empfängerin sagte, dass sie es nicht gespürt hätte. Später beschrieb sie die Veranstaltung so, als hätte sie in dem Stuhl beim Gynäkologen gesessen, abgesehen von der Tatsache, dass sie dabei in 40 fremde Gesichter blickte, wenn sie sich umsah. Die Fisterin erklärte was passiert war. (Sie war bis zum Handrücken eingedrungen und hatte dann aufgehört, weil die Empfängerin nicht entspannt genug war.) In diesem Moment fühlte ich mich unwohl. Es fühlte sich an wie ein soziales Experiment. Es war so ein intimer Moment zwischen der Empfängerin und der Fisterin, außer, dass wir alle mit einbezogen wurden und es war natürlich ein komisches Gefühl, an diesem Moment teilzunehmen, ohne tatsächlich mitzumachen.

Hast du irgendetwas auf diesem Seminar gelernt?
Ja. Alles über Squirten, verschiedene Details einer Vagina, warum und vor allem wie man fistet oder dass ein paar Leute so locker werden, dass die ganze Faust in der Vagina rein- und rausgehen kann. Und dass die Vagina eigentlich nie so gedehnt wird, dass sie zwei Tage später dann weiter ist als vorher.

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Danke für diesen Bericht.

SCHULJUNGENREPORT :

VICE: Wie hieß das Seminar und wo fand es statt?
Student: Soweit ich mich erinnern kann, hieß das Seminar „Take Five", ein einigermaßen geglückter Versuch für ein Sex-Wortspiel. Es fand im Raum „Leacock 232" statt, was mich ehrlich gesagt an den Namen eines Raumschiffs erinnert hat.

Warum wolltest du daran teilnehmen?
Sofort, als ich „Live Fisting-Vorführung" in meinem News Feed auf Facebook gelesen hatte, wusste ich, dass ich unbedingt daran teilnehmen muss.

Was für Leute waren dort?
Viele Leute im Publikum waren Mitglieder der Queer McGill Organisation, die die Veranstaltung organisiert hatte. Es gab ein paar ziemlich offensichtliche Heteros (entschuldigt, falls das jetzt politisch inkorrekt ist). Es gab einen Idiot, der die Frage „Warum fühlt es sich gut an, eine Faust in der Vagina stecken zu haben?" beantwortete mit: „Ähm, na ja weil es sich anfühlt, als wären es fünf Penisse."

Hast du dich auf der Veranstaltung irgendwie unwohl gefühlt? Was ging dir währenddessen so durch den Kopf?
Ich hab mich überraschend wohl gefühlt, um ehrlich zu sein. Wahrscheinlich war es ganz hilfreich, dass ich mit Freunden dort war und dass ich auf eine Schule gehe, die dermaßen lächerlich liberal ist, weshalb ich mich eigentlich von dieser Art von Dingen nicht so schnell aus der Ruhe bringen lasse. Ich bin vor allem dort hingegangen, um mir im Grunde genommen selbst einen Kulturschock zu verpassen. Für jemanden, der es liebt zu schreiben zum Beispiel, ist alles, was außergewöhnlich ist, Freiwild. Und das hier war keine Ausnahme.

Ein paar Leute gingen. Es gab auch ziemlich viele Lacher. Ein paar Leute fuhren ziemlich auf die eigentliche Vorführung ab. Alles in allem dachten aber wohl die meisten: „Ich kann nicht glauben, dass sie das tut. Ich werde hier einfach unbeholfen mit den anderen herumstehen, bis es vorbei ist."

Was mir durch den Kopf ging? „Ich finde weder die eine noch die andere Vorführerin geil, deshalb ist es ein ziemlich seltsames Gefühl, mir das hier anzusehen. Realer Porno ist genauso lahm wie Porno an sich. Was bedeutet es, wenn ich am Ende einen Ständer habe? Funktioniert das auch mit Schlagringen? Das wird lustig, wenn ich das eines Tages meinen Kindern erzähle“, und so weiter.

Hast du irgendetwas gelernt auf diesem Seminar?
Ich habe viel über die weibliche Anatomie gelernt und wie alles miteinander verbunden ist und dieses ganze Gelaber. Die Vaginapuppe war echt lustig und sehr anschaulich. Echt, Sexualaufklärung bringt einem gar nichts. Im Dunkeln herumzufummeln wie irgendsoein 08/15-Typ bringt es auch nicht. Ich würde gern sagen können, dass ich etwas von dieser Veranstaltung gelernt habe, aber die Entscheidung liegt nicht bei mir.

Wir danken euch, ihr jungen Menschen. Geht nun hinaus in die Welt und fistet.