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Cop Watch

Der Afroamerikaner John Crawford wurde in einem Walmart von Polizisten erschossen

Weil er ein Airsoft-Gewehr aus der Spielzeugabteilung des Supermarkts in der Hand hatte.

_Aus aktuellem Anlass haben wir uns entschieden, heute mal einen Blick über den großen Teich zu unseren amerikanischen Freunden zu werfen. Nächstes Mal klopfen wir dann wieder den heimischen Ordnungshütern auf die Finger, versprochen! _Wenn ihr schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht oder Polizeigewalt beobachtet habt, schreibt eine Mail an hanna.herbst@vice.com.

Am Mittwoch veröffentlichte die Staatsanwaltschaft Aufnahmen der Überwachungskameras aus einem Walmart in Beavercreek, Ohio—der Filiale, in der am 05. August 2014 John Crawford III. von einem Polizisten erschossen wurde. Ebenfalls am Mittwoch entschied ein Geschworenengericht, Sean Williams, den verantwortlichen Beamten, nicht anzuklagen. Mittlerweile hat man sich schon beinahe daran gewöhnt: Ein Afro-Amerikaner wird grundlos erschossen, alle stimmen darin überein, dass das sehr, sehr traurig ist, und irgendwie wird man den Gedanken nicht los, dass der Mann noch am Leben wäre, wenn er weiß gewesen wäre.

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Alles begann damit, dass Crawford in der Walmart-Filiale ein Luftgewehr in die Hand nahm. Er spielte damit herum, während er mit seiner Freundin telefonierte. Was er nicht wusste: die Polizeibeamten Sean Williams und David M. Darkow waren bereits auf dem Weg zu ihm. Ein weiterer Walmart-Kunde, Ronald Ritchie, hatte einen Notruf ausgelöst und angegeben, dass ein Schwarzer mit einer Waffe herumfuchteln und sie auf Kinder richten würde. Die Bilder der Überwachungskameras bestätigen die Aussage nicht, die der vermeintliche Zeuge Ritchie mittlerweile auch revidiert hat.

Stattdessen zeigt die zweiminütige Aufnahme Crawford beim Telefonieren—vollkommen ahnungslos, dass die Polizei bereits vor Ort ist. Er hatte keine Zeit, die Waffe fallen zu lassen, bevor er erschossen wurde. Crawfords letzte Worte—die seine Freundin am Telefon hörte—waren: „Die ist nicht echt!”

Crawfords Tod ist eine Tragödie, sagen die Behörden. Eine unvermeidliche. Nach Ansicht des Geschworenengerichts haben die Polizisten angemessen auf den Notruf reagiert. Laut Williams’ Bericht wurde ihnen von der Einsatzleitzentrale mitgeteilt, dass Crawford mit einer echten Schusswaffe herumfuchteln würde. Die Aufnahmen der Überwachungskameras zeigen, dass Crawford nicht einmal dann Zeit gehabt hätte die Waffe fallen zu lassen, wenn ihn die Beamten dazu aufgefordert hätten, bevor sie das Feuer eröffneten.

Auch wenn das Geschworenengericht es ablehnte, die Polizisten anzuklagen, untersucht das US-Justizministerium jetzt Crawfords Tod. Der tragische Vorfall ist nicht der Erste dieser Art. So wurde unter anderem der 13-jährige Andy Lopez in Kalifornien von Polizisten erschossen, weil er eine Waffenattrappe in der Hand hielt. In seinem Fall wurde entschieden, dass das Verhalten der Polizisten begründet war, der Mann, der für den Tod des Teenagers verantwortlich war, wurde ebenfalls nicht angeklagt.

Es stellt sich die Frage, wer Schuld hat: Ritchie, der bei der Einsatzleitzentrale falsche Angaben machte, die allgemeine Panikmache im Zusammenhang mit Amokläufen und Schießereien, oder die Walmart-Mitarbeiter, die ein Luftgewehr achtlos im Regal haben herumliegen lassen. Aber bevor wir uns mit Details aufhalten, sollten wir uns dieselbe Frage stellen, die Albert Butler letzten Monat bei The Root gestellt hat: „In Ohio ist das offene Führen von geladenen Schusswaffen erlaubt. Selbst wenn Crawford ein geladenes Gewehr bei sich getragen hätte, hätte das niemanden beunruhigen sollen. Warum in aller Welt war das also ein Anlass, ihn zu erschießen?”

Ob es uns nun gefällt oder nicht, in vielen Bundesstaaten der USA ist es legal, mit einer geladenen Waffe herumzulaufen. Wenn man dieses Recht schützen möchte—genauso wie das Recht, Waffen zu tragen, im Allgemeinen—sollte man über den Tod von John Crawford schockiert sein. Die NRA sollte sich mit dem Fall auseinandersetzen und ein Loblied auf den Huey P. Newton-Schützenverein und seinen bewaffneten Protest singen. In den Vereinigten Staaten von Amerika sollte man nicht zur Zielscheibe der Polizei werden, weil man schwarz ist. Genauso wenig sollte man zur Zielscheibe werden, wenn man ganz legal eine Waffe trägt.